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Pressetext:
Schwarzrot
ist die Hartenuß
In einer dritten Folge zeigt die Galerie Skulpturale derzeit
Arbeiten von Sonja Klebe und Wolfgang Ueberhorst unter dem Arbeitstitel
Le Rouge et le Noir. Der Titel betont in erster Linie die kräftig, markante
Farbwahl der Exponate – schwarze Skulpturen vor roten Gemälden
bzw. umgekehrt im hinteren Teil der Ausstellung – er verweist darüber
hinaus auch auf Stendhals, berühmten „Schlag ins Gesicht“ der
damaligen französischen Gesellschaft, in dem der Romanheld, ein stolzer und
begabter Emporkömmling und Protegé des Pariser Hochadels aufgrund einer
Mordanklage in der Provinz der Mißgunst und dem Intrigenspiel seiner früheren
Neider zum Opfer fällt. Seine Hinrichtung ist nicht mehr aufzuhalten, als er
in einem feurigen Schlußplädoyer vor dem Tribunal die verkrusteten, bigotten
Strukturen des Landadels und die überkommenen Wertesysteme der
Provinzgesellschaft anprangert.

„Ein Schlag ins Gesicht“, könnte man ebenso sagen,
wenn man die Portraits von Ben Beyer – Jg. 1979, Diplom mit
Auszeichnung 2009 – das erste Mal sieht. Ein klassisches Genre
wird regelrecht aufgemischt von ihm, aus allen Malstilen nimmt er sich
heraus, was ihm malerisch notwendig scheint und fügt dies zusammen, wie es
ihm paßt. Auf einem aquarellartig anmutenden Bildteil bringt Ben
Beyer beispielsweise gleichzeitig ohne Scheu gekonnt fetzige
Spachtelstrukturen unter und erzielt in seiner Experimentierfreude einen
erstaunlich frischen, und wesensgenauen Ausdruck vom Zeitgeist seiner
Generation.
Großartig auch seine zwischen Druck und Malerei
angesiedelten Monotypien.
Georg Cevales, heftige, informell angelegte Mischtechniken auf
schwerem Büttenpapier sind gleichermaßen ein Akt des genialischen
Überschwanges, wie der rational kontrollierenden Willensstärke. In
akribischer Genauigkeit und mit peniblem Fleiß, setzt der Künstler, Jg. 1980,
der 2006 sein Diplom an der Alanus Hochschule und 2011 seinen Master an der
Hochschule für Musik und Tanz absolvierte, seinen Farberuptionen
kaligraphische Grenzen. Kleine bis winzige Kreuze und keilartige Winkel in
Rot und Grün markieren energetische Gegenfelder und/oder lenken die
rauschhaften Explosionen in rationale Bahnen. Als kleine Zeichenserien
angelegt schlummert in Cevales’ Werken – einzeln oder in Gruppen gehängt
– die Kraft großformatiger Gemälde. Bunt, frisch, klassisch schön- nicht
dekorativ, sehr ernst gemeint und ausgeführt, sind sie eine harte Nuß – die
Eßkastanie für den Franzosen, le marron – für die kurzweilige
Betrachtung.
Die jungen Künstler Beyer und Cevales sind insgesamt eine
gelungene Ergänzung zu dem „Schwarz/Rot Duo“ Klebe und Ueberhorst.
Nicht nur können die „Alten“ in der Frische ihrer Arbeiten bestens mit
den Jungen mithalten, auch erweisen sich Letztere als gleichermaßen seriöse
Könner in ihrer Disziplin.
Insgesamt entsteht zum wiederholten Male eine Gruppe,
deren Künstler erneut auf eindrucksvolle Weise zeigen, daß sie in der
Lage sind, sich Traditionen souverän einzuverleiben und zu Neuem zu
transzendieren.
Die ansprechende Hängung ermöglicht darüber hinaus,
daß die neuen Sichtweisen und Zuordnungen auch tatsächlich nachvollziehbar
werden.
Lindau, den 20. März
2014
Arturo Eskuchen
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